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104005: Statue eines Jünglings, Opferträger
Berlin, Staatliche Museen, Antikensammlung Berlin
Catalog textName:Statue eines Jünglings, Opferträger Inventory number:Sk 1710 Author:Henryk Löhr Provenience:Didyma. Gefunden am 13.4.1911, linker Oberarm am 25.4.1911 nahe der NW-Ecke des Apollontempels von Didyma (Tuchelt 1970, S. 59 K 16). Measurements:H. 166 cm; Schulterbreite 60 cm; Kopfhöhe. 32 cm. Material/Technique:Weißer, großkristalliner Marmor. Die Seitenflächen der Bosse vor der Brust sind nur gespitzt, im Übrigen ist die Figur sorgfältig ausgearbeitet. Preservation:Das rechte Bein ist unterhalb des Knies, das linke Bein in der Mitte des Oberschenkels abgebrochen und verloren, der rechte Arm ab der Schulter, der linke Arm vom Ellenbogen an ebenso. Das Oberarmstück des linken Arms ist nach Bruch wieder angefügt. Ein großer Teil des Gliedes ist verloren, einzelne Splitter sind angefügt. Die linke Seite der Nase mit der Spitze und die linke Seite des Mundes sind abgeschlagen. Das Kinn ist stark und das linke Auge etwas bestoßen, die Bruchstelle am linken Arm ebenso. Kleine Bestoßungen zeigen sich an verschiedenen Stellen, Kratzer finden sich auf der ganzen Figur. Die Oberfläche weist eine bräunlich-gelbe Verfärbung auf, stellenweise gibt es Versinterungen. Ein ursprünglich vor der Brust gehaltenes Opfertier ist vollständig verloren. Die rechte Hand SMB−PK, ANT, Inv. Sk 1749 ist wahrscheinlich zugehörig. Inventories/Archival materials:Phot. 7503-10; Grabungstagebuch der Grabung Didyma, Einträge 13.4.1911; 25.4.1911; Inventar der Skulpturen II, S. 105 Nr. 1710. Catalogs:Blümel 1963, S. 58, Nr. 60, Abb. 169–176; Rohde 1968, S. 70 f. Abb. 56; Heres 1982, S. 34 Abb. 19; Heres – Kunze 1984, S. 9 f. Abb. 1; Kunze 1992b, S. 96 f. Nr. 18; Knittlmayer – Heilmeyer 1998, S. 122 f. Nr. 65 (Max Kunze); Pergamonmuseum Meisterwerke 2005, S. 62 (Andreas Scholl); Grassinger u. a. 2008, S. 264 f. (Dagmar Grassinger); Schwarzmeier – Scholl – Maischberger 2012, S. 47 f. Nr. 16 (Max Kunze). Bibliography:Richter 1960a, S. 111 f.; Alscher 1961, S. 154 f. 163; Laubscher 1963/64, S. 80; Himmelmann-Wildschütz 1965a, S. 39 f.; Hommel 1967, S. 121; Tuchelt 1970, S. 59. 149 Taf. 18−19; Freyer-Schauenburg 1974, S. 86. 88. 91; Sinn 1982, S. 41 f.; von Graeve 1986, S. 26 f.; Floren 1987, S. 377 f. Taf. 32,3; Karakasi 2001, S. 37. 53; Meyer – Brüggemann 2007, S. 188 Nr. 260 Taf. 15,2 (Nora Brüggemann). Dedeoğlu 1993, S. 42. Description:Die unbekleidete Statue eines Jünglings ist deutlich überlebensgroß. Das rechte Bein ist leicht vorgestellt, der Kopf ganz leicht nach links gedreht. Die Arme sind vom Körper abgelöst, am erhaltenen Ansatz von Ellenbogen und Ellenbeuge des linken Arms ist erkennbar, dass dieser nach vorn abgewinkelt war. Die Figur zeigt die für die ionische Plastik kennzeichnende weiche Modellierung sehr deutlich. Die Körperformen sind plastisch überzeugend gebildet, aber sehr großflächig angelegt. Eine Muskulatur ist nicht sichtbar ausgeprägt. Es gibt nur wenige schärfere Konturen. Die Brust hebt sich deutlich hervor, sie ist in der Mitte durch eine Delle geteilt, die sich unter der Bosse durch bis zum Bauchnabel fortsetzt. Zu beiden Seiten des Bauches sind nach oben zulaufende leichte Eindellungen angelegt. Die Rückenlinie ist in der Mitte tief eingeschnitten, die Glutäen treten stark gerundet aus dem Rücken hervor, sind seitlich aber sehr flach. Die Haare sind voluminös gebildet und von der Stirn weg mit sehr flachem, aber durch eine präzise Linie angegebenem Ansatz nach hinten gestrichen. Nach einem seitlichen Einzug am Hinterkopf weiten sie sich glockenförmig und liegen in leichtem Bogen auf der Schulter auf. Gebuckelte Strähnen geben ihnen eine sehr regelmäßige, netzartige Gliederung. Seitlich sind von der Stirn bis hinter die Ohren fünf kurze, aufgelegte Strähnen plastisch abgesetzt. Die Augen sind mandelförmig geschnitten, der Mund zeigt das archaische Lächeln, die Ohrläppchen bilden eine große Fläche. Unterhalb der Brust befindet sich eine große, erheblich vorspringende Bosse als Ansatzstück für ein vor dem Körper gehaltenes großes Objekt. Die Bosse ist links und rechts zur Bruchfläche hin geweitet, diese gibt also etwa die ursprüngliche Ansatzfläche des Objektes wieder. In die Bruchfläche der Bosse sind nebeneinander zwei Bohrungen eingetieft, oben in der Mitte ist die Fassung für einen Schwalbenschwanzdübel ausgespart (bis etwa zur Hälfte erhalten). Von dieser Aussparung läuft auf der Bruchfläche je ein geschlagener schmaler Gusskanal schräg herunter zu den Bohrungen. Nach Carl Blümel (1963, S. 58) war das Opfertier mit Hilfe von gegossenen Dübeln hier separat angefügt. Ihre starke Unregelmäßigkeit weist die Vorderfläche der Bosse aber eindeutig als Bruchfläche und nicht als ursprüngliche Ansatzfläche aus. So dienten die Dübellöcher nach Volkmar von Graeve (1986, S. 27 Anm. 26) der Reparatur einer ursprünglich mit dem Opfertier im Ganzen gearbeiteten Figur. Max Kunze (Knittlmayer – Heilmeyer 1998, S. 122 f. Nr. 65; Schwarzmeier – Scholl – Maischberger, 2012, S. 47 f.) benennt eine farbige Hervorhebung der Schamhaare und der Brustwarzen (rosettenartiges Ornament) sowie an den Ohren aufgemalte Scheibenohrringe, er gibt jedoch keinen Beleg. Farbspuren sind bei normaler Beleuchtung am Original nicht zu erkennen, allerdings schwache stegförmige Erhebungen an den Brustwarzen. Dating:Die Figur wird übereinstimmend in das 3. Viertel des 6. Jh. v. Chr. datiert. Einzig Ludger Alscher (1961, S. 154) setzt ihn noch vor die Jahrhundertmitte. Vorschläge zur weiteren Eingrenzung variieren innerhalb dieses Zeitraumes stark und sind abhängig von der Bewertung von Vergleichsstücken. Als Vorläufer gilt das Kopf/Schulterfragment eines Kouros aus Didyma (London, British Museum, Inv. B 283; Richter 1960a, S. 110 Nr. 128, Abb. 371–372). Nikolaus Himmelmann-Wildschütz (1965a, S. 40 mit Anm. 68) und Josef Floren (1987, S. 377 f.) setzen den Opferträger in dieser Folge in die Jahre bis 540 v. Chr.; diese Datierung vertritt auch Katerina Karakasi (2001, S. 36 f.). In das Jahrzehnt zwischen 540 und 530 v. Chr. datiert Klaus Tuchelt (1970, S. 59, 149) in Relation zu anderen Kourosfragmenten aus Didyma. In der Zeit um 530 v. Chr. sieht den Opferträger dagegen Hans Peter Laubscher (1963/64, S. 80) entstanden, in Hinsicht auf den älteren Kouros von Erdek (Istanbul, Museum; Laubscher 1963/64, Taf. 32–35). Zu dieser Datierung kommen auch Peter Hommel (1967, S. 121) und Ulrich Sinn (1982, S. 41 f.), die ihn u. a. zeitgleich zu dem verschleierten Frauenkopf aus Milet in Berlin (SMB−PK, ANT, Inv. Sk 1631; Blümel 1963, S. 56 Nr. 58, Abb. 159–161) setzen (vgl. zu diesem Kopf aber auch den Beitrag von Jan Breder: Arachne, Seriennummer 91844). Dem noch späteren Ansatz von Carl Blümel (1963, S. 58) in die 20er Jahre des 6. Jh. v. Chr. folgen Elisabeth Rohde (1968, S. 70 f.), Max Kunze (Kunze 1992b, S. 97; Knittlmayer – Heilmeyer 1998, S. 122 f. Nr. 65; Schwarzmeier – Scholl – Maischberger, 2012, S. 48), Andreas Scholl (Pergamonmuseum Meisterwerke 2005, S. 62), und Dagmar Grassinger (Grassinger u.a. 2008, S. 265). Interpretation:Die Figur folgt weitestgehend dem üblichen Schema der Kouroi, ist in ihrer Ausgestaltung aber in einem wesentlichen Punkt modifiziert. Auch wenn sich keine Spuren von einem Opfertier (Widder oder Kalb) erhalten haben, wird der Jüngling einhellig als Opferträger interpretiert. Nur als Verbindungssteg zu einem vor der Brust getragenen Tier kann die Bosse vor der Brust eine Erklärung finden; für den rechten Arm ist zudem gesichert, dass er nach vorn abgewinkelt war, für den linken ist dies ebenso vorauszusetzen. Die Hände umklammerten dann jeweils die Vorder- und Hinterläufe des Tieres – in diesem Sinne wird die als zugehörig angenommene rechte Hand SMB−PK, ANT, Inv. Sk 1749 interpretiert. Wegen der Vergrößerung der Bosse zur linken Körperseite hin ist der Kopf des Tieres auf dieser Seite anzunehmen. Genau diese Darstellung zeigt ein Kouros aus Klaros, bei dem der rechte Arm vollständig sowie der Körper des Opfertieres zu großen Teilen erhalten ist (Izmir, Archäologisches Museum, Inv. 3504; Dedeoğlu 1993, S. 42). Dieses und weitere fragmentarische Beispiele von Opferträgern aus dem ionischen Bereich sind behandelt von Nora Brüggemann (Meyer – Brüggemann 2007, S. 128 f.), hinzuzufügen ist der Koloss aus Thasos (Thasos, Museum; Richter 1960a, S. 51 Nr. 14, Fig. 84–86), der den Widder allerdings vertikal trägt. Aufgrund des Fundortes im Apollonheiligtum von Didyma ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Opferträger um ein Weihgeschenk an diese Gottheit handelt. Reception:Der Opferträger befindet sich seit der Neuaufstellung der Antikensammlung Berlin im Jahr 1959 in der ständigen Ausstellung. Die Präsentation führte zu sofortiger Aufmerksamkeit. Nach der erstmaligen Erwähnung bei Richter 1960a folgte die erste Besprechung durch Ludger Alscher (1961, S. 154 f.) und die Vorlage durch Carl Blümel (1963, S. 58 Nr. 60). Seitdem wird das Stück häufig als Vergleich herangezogen. |